… und wer kümmert sich um die Katastrophe im Libanon?

Sieben Jahre ist es her, dass Anfang September 2015 das Bild eines kleinen Jungen am Strand des türkischen Badeortes Bodrum um die Welt ging. Der zweijährige Alan Kurdi war ertrunken bei dem Versuch, mit seinen Eltern und seinem fünfjährigen Bruder auf einem Flüchtlingsboot die griechische Insel Kos zu erreichen. Auch sein Bruder und seine Mutter kamen ums Leben. Nur der Vater überlebte. Das Bild des Jungen wurde bald zum Symbol des Syrienkrieges, denn die Familie von Alan Kurdi war vor dem Krieg in Syrien geflohen. Heute machen die Toten im Mittelmeer und vor der Küste des Libanon und Syriens kaum noch Schlagzeilen.

Der Text über die Toten im östlichen Mittelmeer erschien am 26. September 2022 im Schweizer Informationsportal Global Bridge: https://globalbridge.ch/und-wer-kuemmert-sich-um-die-katastrophe-im-libanon/.

Auf dem Rücken der Palästinenser

Bundeskanzler Scholz will eine engere militärische Zusammenarbeit mit Israel.  Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will israelisches Gas. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will die engere medizinische Zusammenarbeit „für zukünftige Pandemien“ und Bundesjugendministerin Lisa Paus hat mit ihrer israelischen Amtskollegin eine Absichtserklärung zur Gründung eines Deutsch-Israelischen Jugendwerks unterzeichnet. Warum? Soll die Interims-Regierung von Jair Lapid gegen eine Neuwahl von Netanyahu gestärkt werden? Will man Israel besänftigen, damit es das Atomabkommen mit dem Iran nicht weiter torpediert? Soll Israel einer Seegrenze mit dem Libanon zustimmen, damit die EU schnell mehr Gas aus dem östlichen Mittelmeer bekommt?

Der Text erschien zum Besuch des israelischen Interims-Ministerpräsidenten Jair Lapid in Berlin bei Bundeskanzler Olaf Scholz bei den Nachdenkseiten: https://www.nachdenkseiten.de/?p=88084

Wir haben unser eigenes Haus zerstört – Neuanfang zwischen Skepsis und Hoffnung

In der nordwestsyrischen Provinz Idlib hat in der Stadt Khan Sheichun ein Schlichtungszentrum eröffnet. Politische und bewaffnete Regierungsgegner sowie Wehrdienstflüchtige können hier eine Schlichtung beantragen, um mit ihren Familien in ihre Heimat zurückkehren zu können.

Khan Scheichun ist eine von Landwirtschaft und Transport geprägte Stadt. Ihre Lage an einer alten Handelsroute, die den Süden der arabischen Halbinsel, Palästina und das ehemalige osmanischen Reich mit Europa verband, machte die Stadt zu einem Rast- und Handelsplatz. »Khan« bedeutet Herberge. Vor dem Krieg in Syrien, der 2011 begann, passierten täglich mehr als 1.000 Lastwagen aus der Türkei den Ort und transportierten über die Autobahn M 1 ihre Ladung in den Libanon, nach Jordanien oder in die arabischen Golfstaaten. Zurück brachten sie Waren aus den jeweiligen Ländern in die Türkei. 2012 wurde Khan Scheichun zu einem Zentrum bewaffneter Regierungsgegner, die Zivilbevölkerung floh in alle Richtungen. Seit 2019 herrscht ein Waffenstillstand.

Der Beitrag erschien am 10.09.2022 in der Luxemburger Zeitung Vum Laetzebuerger Vollek: zlv 220910 Syrien Wir haben unser eigenes Haus zerstört

Schwierige Annäherung zwischen der Türkei und Syrien

Die Türkei und Syrien wollen sich wieder annähern. Die Außenminister beider Länder, Mevlut Cavusoglu und Feisal Mekdad, sprachen bereits im Oktober 2021 »kurz« miteinander, wie Cavusoglu sagte. Ort des Treffens war das Treffen der Blockfreien
Staaten in Belgrad. Thema der Unterhaltung war die Notwendigkeit einer »Versöhnung«. Cavusoglu betonte die Sicherheit der Grenzen, die »Einheit Syriens« und den Wiederaufbau. Unter Vermittlung Russlands fanden bereits wiederholt
Gespräche auf Geheimdienstebene statt. Russland ist zudem ein wichtiger Akteur bei dem Prozeß der Friedensregelung für Syrien in der Auseinandersetzung mit den vom Westen und insbesondere von der Türkei unterstützten Islamisten.

Der Beitrag erschien u.a. am 27.08.2022 in der Zeitung vum Letzebuerger Vollek, Luxemburg:220827 ZLV Annäherung zwischen der Türkei und Syrien

Für die Menschen – Ein Krankenhaus in Nabatieh

Die Libanesische Volkssolidarität Al-Najda ist eine der ältesten Nichtregierungsorganisationen (NGO) des Landes, erhält aber aus dem EU-Füllhorn für die »Zivilgesellschaft« im Libanon keinen Cent. Das liegt möglicherweise daran, dass die Al-Najda-Projekte – ein Krankenhaus, eine Schule, Kindergärten, Gesundheitszentren und eine Musikschule – von Aktiven und Militanten der Kommunistischen Partei Libanons aufgebaut wurden. Bis heute fühlen sich Ärzte und Personal diesem Ursprung verpflichtet, auch wenn die KP Libanons nicht mehr über die Kraft verfügt wie zu der Zeit, als das Krankenhaus gebaut wurde. Damals bestimmte der Bürgerkrieg (1975–1990) das Leben der Menschen, die gesundheitliche Versorgung war stark eingeschränkt.

Der Beitrag erschien am 24.08.22 in der Berliner Tageszeitung Junge Welt: jw 220824 Reportage Nabatieh Hospital

Macht Essen, nicht Krieg

Der »Markt der guten Dinge«, Souk el Tayeb, wurde 2004 eröffnet, nach und nach boten dort bis zu 90 Bauern aus der Umgebung von Beirut ihre Produkte an. Der Markt sollte die Bauern ebenso stärken wie die bäuerliche Landwirtschaft. »Die Landwirtschaft war vor dem Bürgerkrieg ein sehr wichtiger Teil der nationalen Ökonomie«, erinnert Christine Codsi, die sich als „Kind des Bürgerkriegs“ beschreibt. »Wie vieles war durch den Krieg die Landwirtschaft zerstört worden. Anfang der 2000er Jahre war die Lage so, dass Kleinbauern ihre Produkte nur weit unter Preis an den Großmarkt verkaufen konnten, selbst wenn sie qualitativ hochwertig waren. Viele stellten damals ihre Arbeit ein, verließen ihr Land und gingen in die Stadt, um irgendeine andere Arbeit zu suchen.« Der »Markt der guten Dinge« sollte das ändern und vor allem Kleinbauern und -bäuerinnen aus dem ganzen Libanon eine Chance geben, ihre Produkte direkt und lohnend zu verkaufen.

»Unser Ziel war, dass die Menschen nicht nur im Land, sondern auch auf ihrem Land bleiben und es bearbeiten. Für ihre Produkte sollte ein lokaler Markt geschaffen werden.« Jeder Bauer konnte mit dem Verkauf seiner Produkte zehn weitere Leute ernähren, in der Familie, im Dorf.“

Die Reportage aus Beirut erschien in der Berliner Tageszeitung nd Der Tag, früher bekannt als Neues Deutschland: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166234.libanon-macht-essen-nicht-krieg.html?sstr=leukefeld

Baerbocks 180-Grad-Wende in der deutschen Außenpolitik

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat Anfang August an der New School in New York eine „Grundsatzrede“ zu den transatlantischen Beziehungen gehalten. Dabei erinnerte sie an die Philosophin Hannah Arendt, die an eben jener Universität gelehrt und auch über das „Denken ohne Geländer“ gesprochen habe.
Das werde heute gebraucht, sagte Baerbock: „Wir müssen frische Ideen entwickeln.“ Die „frischen Ideen“, die die deutsche Außenministerin in ihrer „Grundsatzrede“ entwickelte, waren nicht weniger als eine 180-Grad-Kehrtwendung deutscher Außenpolitik. Die deutsche Außenpolitik war seit dem Ende des 2. Weltkrieges auf die Annäherung an die Nachbarstaaten und eine Versöhnung mit Osteuropa, vor allem mit Russland, gerichtet.
Baerbock instrumentalisierte nun die Denkleistung von Hannah Arendt für die umstrittene „Zeitenwende“ der Bundesregierung. „Denken ohne Geländer“ bedeute für sie und die Bundesregierung, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro aufgelegt zu haben, um die Bundeswehr zu stärken, sagte Baerbock. Grundsätze, die in Deutschland existiert hätten, würden revidiert.
Bitte weiterlesen bei den Nachdenkseiten: https://www.nachdenkseiten.de/?p=86846

Unruhe im Irak – Ein Gespräch mit der Zeitschrift INTERNATIONAL, Wien

Fast 20 Jahre nach dem völkerrechtswidrigen Angriff der US-geführten „Koalition der Willigen“ im März 2003 ist der Irak weit entfernt von innerer Stabilität und einer zufriedenstellenden wirtschaftlichen Situation. Die verschiedenen irakischen Gruppen und Parteien sind uneins, teilweise in offener Feindschaft, die permanenten Einmischungen in die inneren Verhältnisse durch regionale aber auch globale Mächte machen das ölreiche und somit potentiell reiche Land zu einem schwachen Staat.

Ein Gespräch mit Fritz Edlinger von INTERNATIONAL, Zeitschrift für Internationale Politik: https://www.youtube.com/watch?v=Y6RFE5QINvY

So verschieben sich die Perspektiven

Der Blick aus der EU in den Nahen und Mittleren Osten und der Blick aus dem Nahen und Mittleren Osten in die EU: Sie eröffnen sehr unterschiedliche Perspektiven. Verschieden ist auch, wer auf die jeweils andere Region blickt. 

Die Perspektiven der EU-Institutionen und der reichen europäischen Regierungen sind geleitet von geostrategischen und ökonomischen Interessen. Auch wenn das mit schönen Worten und edlen Absichten verkleidet wird, geht es um Machtpolitik. Begriffe wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, Wohlstand, Sicherheit und Partnerschaft versprachen vor 20 Jahren den Zielländern eine gute Zukunft, wenn sie mit der EU kooperierten.

Dialog und Partnerschaftsabkommen waren Teil des neuen außenpolitischen Konzepts der EU-Nachbarschaftspolitik, die 2004 verkündet wurde. Es ergänzte strategisch das US-Konzept eines „Größeren Mittleren Ostens“, mit dem eine Region von Afghanistan über die Arabische Welt bis Nordafrika als Interessens- und Einfluss-Sphäre für den von den USA geführten Westen, EU und NATO markiert wurde.

Die Zielländer der EU-Nachbarschaftspolitik umfassten im Nordosten Belarus, Ukraine, Moldau, im Osten Georgien, Aserbeidschan und Armenien, im Südosten Syrien, Libanon, Jordanien, Israel, Palästina und im Süden Ägypten, Libyen, Tunesien, Algerien und Marokko. Innerhalb des Gebietes lagen das Schwarze Meer, das Asowsche Meer, das Kaspische Meer, der nördliche Suez-Kanal und das gesamte Mittelmeer einschließlich der Straße von Gibraltar.

Der Beitrag ist nachzulesen bei Globalbridge: https://globalbridge.ch/so-verschieben-sich-die-perspektiven/

 

Maßnahme gegen Damaskus – Grenzüberschreitende Hilfslieferungen an Dschihadisten werden weitere sechs Monate fortgeführt

Der UN-Sicherheitsrat hat am Dienstag (12.07.2022) die grenzüberschreitenden Hilfslieferungen aus der Türkei in die nordwestsyrische Provinz Idlib über den Grenzübergang Bab Al-Hawa verlängert. Nachdem Russland zunächst ein Veto gegen eine Fortsetzung um ein Jahr eingelegt hatte, weigerten sich die westlichen Vetomächte Frankreich, Großbritannien und die USA wiederum bis zuletzt, die von Moskau vorgeschlagene Verlängerung von sechs Monaten anzunehmen. Letztendlich einigte sich der Sicherheitsrat jedoch auf Hilfslieferungen bis zum 10. Januar 2023. Paris, London und Washington enthielten sich der Stimme, die übrigen zwölf Länder im UN-Sicherheitsrat stimmten dafür. Um die Maßnahme erneut zu verlängern, muss eine neue Resolution beschlossen werden.

Die Schwerpunktseite erschien in der Jungen Welt: 220717-18 Maßnahme gegen Damaskus