Unabhängigkeit nicht gewollt

„Was wollen die USA und Europa von uns? Sollen Syrien und Libanon als Staaten vernichtet werden?“ George Jabbour blickt sein Gegenüber scharf an, als er am 5. Juli in Damaskus mit junge Welt über die Lage in der Levante spricht. „Alles deutet darauf hin, dass sie uns in ›failed states‹ verwandeln wollen, in gescheiterte Staaten. So wie sie es mit dem Irak und Libyen gemacht haben.“

Die Schwerpunktseite darüber, wie der Westen den Mittleren Osten destabilisiert, um den eigenen Einfluss zu erhalten, erschien in der Jungen Welt am 16.07.2021: jw-210716-Unabhängigkeit-nicht-gewollt

Verkohlte Bäume sprießen wieder

»Es war Anfang Oktober. Früh am Morgen schreckten wir von einem Alarm auf und fanden uns von Feuer umringt. Alles, was wir tun konnten, war, die Menschen zu retten und den Flammen den Weg in die Dörfer zu versperren.« Fadi Salah ist Bürgermeister von Al-Haffah, einem kleinen Ort in den östlichen Bergen der Provinz Latakia, die sich am Mittelmeer entlangzieht. Der Ort hat rund 10 000 Einwohner oder 2000 Familien, wie man in Syrien rechnet. Die Mehrheit der Bevölkerung in der Region lebt in Dörfern und Weilern, die rund um Al-Haffah in Tälern und auf den Bergen verstreut liegen und meist nur über schmale, oft unbefestigte Straßen erreichbar sind.

Nach den Bränden im vergangenen Herbst ziehen Betroffene in der syrischen Provinz Latakia Bilanz: nd-210715-Verkohlte-Bäume-sprießen-wieder

Kliniken inTrümmern – Bewaffnete Regierungsgegner und westliche Sanktionen zerstören das Gesundheitswesen Syriens.

Foto Karin Leukefeld. Das Al Kindi Krankenhaus nördlich von Aleppo wurde von Dschihadisten im Dezember 2013 gesprengt.

»Na, Sie humpeln ja kräftig.« Dr. Emile Katti, der leitende Arzt und Chirurg des Krankenhauses Al Rajaa in Aleppo begrüßt Joseph B. im Eingangsbereich mit einem kräftigen Handschlag. »Lange nicht gesehen und da kommen Sie mit so einem Knie hier an?« Joseph begleitet die Autorin seit Jahren durch das kriegszerstörte Syrien. An diesem Morgen hatte er sich vor der Abfahrt aus Damaskus in der Eile beim Verstauen des schweren Benzinkanisters verletzt, der wegen der großen Benzinknappheit bei langen Fahrten zur Grundausstattung gehört. Nur auf Drängen hatte Joseph eine Untersuchung bei Dr. Emile Katti in Aleppo akzeptiert.

Die Reportage aus Aleppo erschien in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:210702 zlv Krieg gegen Kranke und in der Berliner Tageszeitung Junge Welt: https://www.jungewelt.de/artikel/405419.krieg-in-syrien-kliniken-in-tr%C3%BCmmern.html

 

US-Armee eskaliert im irakisch-syrischen Grenzgebiet

Die US-Armee und irakisch-iranische Milizen liefern sich im syrisch-irakischen Grenzgebiet einen Schlagabtausch

Die USA geben weiter die Richtung im Mittleren Osten vor. Zwar wendet das Land seine Militärmacht zunehmend nach Osten, doch vor dem Abzug will Washington sicherstellen, dass die Zukunft der Region der westlich definierten „regelbasierten“ Weltordnung unterworfen wird. Die mag dem Westen nutzen, doch die Völker der Region haben eine andere Vorstellung von ihrer Zukunft.

Zur zentralen US-Linie in der Region gehört es zu verhindern, dass die Staaten der Region sich einander annähern und verbünden. Dazu gehört die Blockade der syrischen Grenzen zu den Nachbarländern. Besonders die irakisch-syrische Grenze, die über etwa 600 km von der Türkei im Norden bis nach Saudi-Arabien im Süden reicht, soll nach US-Vorstellung nicht wieder unter syrische und irakische staatliche  Kontrolle kommen.

Der Artikel erschien in der Berliner Tageszeitung Junge Welt: jw 210629 USA eskaliert im irakisch-syrischen Grenzgebiet

Humanitäre Korridore nach Idlib nutzen auch den Islamisten

Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) erreichen aktuell monatlich mindestens 1000 Lastwagen mit Nahrungsmitteln, Medikamenten »und anderen Dingen« die Provinz Idlib. Sie kommen aus Gaziantep und passieren den Grenzübergang Bab Al-Hawa, der auf der einen Seite von der Türkei und auf der anderen Seite von Hayat Tahrir Al-Scham (HTS) kontrolliert wird. Die Organisation, früher bekannt als Al-Nusra-Front, eine Abspaltung des Islamischen Staats im Irak und in der Levante (ISIS) und syrischer Al-Qaida-Ableger, bietet sich dem Westen als »Partner gegen Assad« an.

Der Beitrag ist Teil eines Tagesthemas und erschien in der Berliner Tageszeitung Neues Deutschland: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1153704.syrien-humanitaere-korridore-nach-idlib-nutzen-auch-den-islamisten.html

Hilfe als Faustpfand

Im UN-Sicherheitsrat ist am Mittwoch (23.06.2021) turnusgemäß über die humanitäre Lage in Syrien debattiert worden. Im Hintergrund stehen dabei geostrategische Interessen. 2014 hatte der Rat per Resolution eine jeweils auf ein Jahr befristete Einrichtung von vier »humanitären Korridoren« aus den Nachbarländern Jordanien, Irak und Türkei nach Syrien in Gebiete beschlossen, die damals unter Kontrolle von bewaffneten Regierungsgegnern standen. Lebensmittel und Medikamente wurden mit Lastwagenkonvois über die Grenzen gebracht, ohne dass der syrische Staat den Inhalt dieser Lieferungen kontrollieren konnte. Damit wurde dem Land das Recht genommen, die eigenen Grenzen zu kontrollieren. Damaskus protestierte vergeblich dagegen. Die aktuelle Resolution für den Zeitraum 2020/2021 läuft am 10. Juli aus, doch es ist unklar, ob ein Konsens über eine erneute Verlängerung der Regelung für ein weiteres Jahr gefunden werden kann.

Der Beitrag erschien in der Berliner Tageszeitung Junge Welt: jw-210525-Hilfe-als-Faustpfand

Iran nach den Wahlen: Entspannung oder weitere Konfrontation?

Die Wahl des schiitisch-muslimischen Klerikers Ebrahim Raissi zum neuen Präsidenten Irans sorgte in der arabischen Welt kaum für Schlagzeilen. In deren Staaten bestimmen politische und wirtschaftliche Probleme die Tagesordnung. Westliche Stimmen warnen hingegen vor einer Verschärfung der Lage in der Region.

Der Beitrag erschien bei RT Deutsch: https://de.rt.com/meinung/119469-entspannung-oder-weitere-konfrontation-iran/

Von Strommangel, Wasser und Olivenbäumen

Damaskus, Mitte Juni. Nach und nach werden die Plakate der Präsidentschaftskandidaten aus dem Stadtbild entfernt. Das ehrwürdige Tuma-Tor in der Altstadt ist wieder zu sehen, seit bis auf eines die zahlreichen Plakate des alten und neuen Präsidenten Baschar Al-Assad über Nacht abgehängt wurden.
Es ist heiß geworden. Immer mehr Damaszener schalten ihre Klimaanlagen an, was sich unmittelbar auf die Stromversorgung der Zwei-Millionen-Stadt auswirkt. In den Kriegsjahren hat sich die Bevölkerung der syrischen Hauptstadt durch die Zuwanderung von Inlandsvertriebenen mindestens verdoppelt, und der Strom wird rationiert.

Der Text erschien in der Berliner Tageszeitung Junge Welt am 15.06.2021: jw 210615 Von Strommangel, Wasser und Olivenbäumen

Von Beirut nach Damaskus – Eine Reise mit Hindernissen

Der fast komplette Stillstand von Personen- und Warenverkehr zwischen Libanon und Syrien hat politische Gründe. Ein Bericht

Die Reise nach Syrien ist kompliziert geworden. Direktflüge nach Damaskus gibt es von europäischen Flughäfen wegen der EU-Sanktionen seit zehn Jahren nicht mehr. Reisende fahren mit einem Taxi oder Sammeltaxi von Beirut über einen der drei nördlichen Grenzübergänge Richtung Tartus, Homs oder Aleppo oder über einen weiteren Grenzübergang nach Damaskus. Ein libanesischer Fahrer bringt die Reisenden an die libanesische Grenze, wo – auf der anderen Seite – ein Taxi aus Syrien steht. Während die Reisenden die Ausreiseformalitäten erledigen, verständigen sich die Fahrer per Handy über ihre jeweiligen Standorte. Das Gepäck wird zu Fuß über die Grenze zum syrischen Fahrzeug gebracht. Wenn auch die Reisenden zu Fuß die Passkontrolle passiert haben, können sie in den syrischen Wagen einsteigen.

Der Bericht erschien in der Berliner Tageszeitung Junge Welt am 14.06.2021: jw-210614-Von-Beirut-nach-Damaskus

Libanon: Der alltägliche Mangel

Im Libanon verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage. Strom und Lebensmittel sind kaum erschwinglich. „Mein Monatslohn ist auf 80 US-Dollar geschrumpft, umgerechnet sind das ungefähr 1 Millionen Libanesische Pfund, LBP. Das Geld zerfließt einem in den Händen, wenn man einkaufen geht. 1 Liter Milch kostet 15.000 Pfund, Milchpulver ist kaum zu bekommen. Fleisch können wir vergessen, ein Kilo kostet 100.000 Pfund“.

Der Text erschien in der Berliner Tageszeitung Junge Welt am 12.06.2021: jw-210612-Keine-Perspektive-im-Libanon